Selbstwirksamkeit bei einem traumatisierten Kind

Wenn ein Kind über das Wissen und die Kompetenz verfügt, neue/schwierige Anforderungen bewusst beeinflussen zu können, nennt man dies Selbstwirksamkeit. Wenn ein Kind seine Fähigkeiten einschätzen kann, vertraut es sich und kann eigenes Handeln reflektieren.

Als ich Manuel (5) kennenlernte, sagte er immer: Weiß ich nicht, kann ich nicht! Er konnte kaum sprechen, traute sich nichts zu. Es gab deutliche Entwicklungsverzögerungen und er war sich dessen sehr wohl bewusst.

Selbstwirksamkeit in einer solchen Situation zu entwickeln, ist schwierig. Ein Kind weiß genau, was es kann und was ihm Probleme bereitet. Bei Kindern, die weder Liebe noch Anerkennung, sondern Verletzung und Grenzüberschreitung erlebt haben, ist der Start schwierig.

Bei Manuel war das Wichtigste an ihn zu glauben, seine Anstrengungen anzuerkennen, immer an seiner Seite zu sein. Es war ein langer, mühsamer, aber auch von Erfolgserlebnissen geprägter Prozess.

Das erste Mal Bausteine aufeinander- statt hintereinander setzen, das erste Mal ein schwieriges Wort richtig aussprechen oder den Sinn einer Vorlesegeschichte zu erfassen, diese kleinen Schritte haben ihn mutiger gemacht. Gemessen an Kindern, in einem guten Setting aufwachsen, musste er all seine Kraft mobilisieren, um seine emotionalen, sprachlichen, und motorischen Themen gleichzeitig anzugehen.

Entscheidend ist, er tat es.

Es stellt sich die Frage: Bis wohin wird das Kind gefordert, ab wann wird es überfordert. Die Selbstwirksamkeit eines traumatisierten Kindes zu fördern ist insoweit eine Gradwanderung.

Aber das zugrundeliegende Mantra muss aus meiner Sicht immer lauten: Alles wünschen, alles hoffen, alles schaffen! Sonst führt eine falsch verstandene Schonung des Kindes zu einer erneuten Stigmatisierung.

Für ein Kind ist es elementar wichtig zu erfahren, dass es bereits über viele Fähigkeiten verfügt und viele weitere entwickeln kann.

Kindern genug Möglichkeiten zu bieten, auch von außerhalb der Familie/Einrichtung Anerkennung zu erhalten, um Selbstwirksamkeit zu entwickeln, ist ebenso wichtig. Denn nur so fühlen sich Kinder als ein wertvoller Teil der Gesellschaft, zu der sie etwas beitragen können und wollen.

Die Rückversicherung der eigenen Fähigkeiten ist nie abgeschlossen. Gerade in Lebenssituationen, in denen sich Veränderungen ankündigen wie Therapeutenwechsel, Klassenwechsel, Lehrerwechsel, Schulabschluss, Ausbildung, Studium, benötigen sie mehr Rückversicherung in die eigenen Fähigkeiten, mehr Anerkennung und Begleitung von außen, damit sie ein Gefühl von Kompetenz entwickeln und die Selbstwirksamkeitserwartung stärken.

Deshalb ist die umfassende und umsichtige Begleitung und Förderung eines traumatisierten Kindes so wichtig.

Was Manuel betrifft, Fortsetzung folgt…….

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Foto: unsplash | Fotograf: Sean Quillen